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KI-Influencer: Wie virtuelle Persönlichkeiten Social Media Marketing verändern

  • Autorenbild: Sophia von Buchwaldt
    Sophia von Buchwaldt
  • 29. Aug.
  • 7 Min. Lesezeit

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Influencer-Marketing gehört seit Jahren zu den wichtigsten Säulen einer modernen Markenkommunikation. Doch während klassische Creators mit persönlichen Storys, Reichweite und Authentizität überzeugen, drängt eine neue Entwicklung in den Markt: KI-Influencer. Sie sind skalierbar, planbar und kosteneffizient – gleichzeitig werfen sie Fragen nach Authentizität, Ethik und Glaubwürdigkeit auf. Wusstest du z.B., dass KI-Influencer 65% mehr Engagement erzielen als Menschen?


Inhaltsverzeichnis:



Social-Media-Avatare mit Reichweite – was sind KI-Influencer?


KI-Influencer sind digitale Charaktere, die mit Hilfe von Computergrafiken, Künstlicher Intelligenz und Social-Media-Strategien zum Leben erweckt werden. Sie haben eigene Persönlichkeiten, posten Content, reagieren auf Trends und interagieren mit Followern – teilweise so realitätsnah, dass einige Nutzer sie kaum noch von echten Menschen unterscheiden können.


Anders als klassische Influencer benötigen KI-Persönlichkeiten kein Team für Reisen, Fotoshootings oder persönliche Betreuung. Stattdessen entstehen ihre Inhalte vollständig digital – ob Story-Post, Fotoserie oder Produktplatzierung. Damit passen sie perfekt in Märkte, die von Geschwindigkeit, umfangreichem Content und internationaler Skalierung leben. Gleichzeitig geht die Authentizität verloren: Inhalte sind entweder offensichtlich fake und ohne Substanz oder eröffnen ethische sowie rechtliche Diskussionen.


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Warum Marken virtuelle Influencer einsetzen


Ob Makro- oder Mikro-Influencer: Seit langem nutzen Marken echte Social-Media-Persönlichkeiten nicht nur für einzelne Aktionen oder Kampagnen, sondern bauen zum Teil ihr gesamtes Konzept um sie herum auf (Beispielsweise Sportmarken wie Gymshark oder Teveo). Warum erobern also jetzt KI-Influencer den Markt? Hier sind die wichtigsten Vorteile gegenüber traditionellem Influencer-Marketing:


  • Skalierbarkeit: Einmal erstellte KI-Influencer lassen sich für unbegrenzt viele Kampagnen, Sprachen, Märkte und Produkttypen anpassen.


  • Kostenkontrolle: Keine klassischen Honorare, Reisekosten oder Produktionscrews. Stattdessen entstehen initial vor allem Entwicklungs- und Setup-Kosten (typisch 10.000–30.000 €), danach sinken die Kosten spürbar.


  • Schnelligkeit & Aktualität: Content kann in Stunden oder sogar Minuten statt Wochen erstellt werden, inklusive saisonaler Adaptionen.


  • Markensicherheit: Tonalität, Look & Feel und Markenbotschaften sind exakt steuerbar. Menschliche Skandale oder unerwünschte persönliche Äußerungen bleiben aus.


Für Unternehmen bedeutet das eine höhere Kampagnensicherheit bei gleichzeitig größerer Reichweite – vor allem in Märkten, in denen Markenbotschaften stark reguliert werden oder lokale Anpassungen zwingend sind.


Bekannte KI-Influencer: globale Vorbilder und erste deutsche Projekte


Die Beliebtheit von KI-Influencern ist kein Zukunftsszenario – tatsächlich gibt es Dutzende digitale Charaktere, die bereits heute Millionen Menschen weltweit erreichen. Sie zeigen, wie unterschiedlich das Content-Spektrum zwischen Entertainment, Fashion, Lifestyle und Corporate Branding sein kann:


  • Lu do Magalu (@magazineluiza, Brasilien): Sie gilt als einer der ersten großen KI-Influencer der Welt mit derzeit über 7,7 Mio. Followern auf Instagram. Ursprünglich für das brasilianische Handelsunternehmen Magazine Luiza entwickelt, präsentiert sie Produkte in Unboxings, Tutorials und Live-Shopping-Formaten. Besonders bekannt wurde sie, als sie vollwertig in die E-Commerce-Shops des Unternehmens integriert wurde – samt TV-Werbung und nationalen Kampagnen.


  • Lil Miquela (@lilmiquela, USA): Mit rund 2,4 Mio. Followern auf Instagram zählt Lil Miquela zu den Ikonen der virtuellen Szene. Sie ist Model, Musikerin und Aktivistin – und arbeitete mit Modemarken wie Prada oder Calvin Klein. Besonders hohe Aufmerksamkeit erregte sie 2019 in einer Kampagne mit Calvin Klein, wo sie in einem Werbespot mit dem Supermodel Bella Hadid auftrat.


  • Imma (@imma.gram, Japan): Die japanische KI-Influencerin mit dem markanten rosa Bob-Haarschnitt ist ein Paradebeispiel für eine starke Markenbildung durch Wiedererkennbarkeit. Imma besitzt mehrere Hunderttausend Follower und arbeitete u. a. bereits mit Fendi, Puma und Renault zusammen. In einer aufsehenerregenden crossmedialen Aktion präsentierte sie Modekollektionen in virtuellen Showrooms – ein symbolisches Beispiel für die Verschmelzung von digitalem und physischem Marketing.


  • Aitana Lopez (@fit_aitana, Spanien): Aitana ist Spaniens erste KI-Influencerin und positioniert sich klar im Fitness- und Gaming-Segment. Mit über 370.000 Followern konnte sie Kooperationen mit Plattformen wie Fanvue oder Fitness-Brands realisieren und erzielt damit laut Berichten monatliche Einnahmen im fünfstelligen Bereich. Ihre Inhalte sind stark auf Interaktion und Community-Engagement ausgerichtet, wodurch sie klassischen Fitness-Creators Konkurrenz macht.


  • Emily Pellegrini (@emilypellegrini, UK): Mit aktuell über 350.000 Followern ist Emily Pellegrini besonders im Beauty- und Fashionbereich präsent. Ihre makellos retuschierte, digitale Schönheit wird von Marken genutzt, um hochästhetische Visuals für Social Media zu gestalten. Bekannt wurde sie durch medienwirksame Kampagnen internationaler Beauty-Brands, die mit ihr neue visuelle Standards setzen konnten.


  • Shudu (@shudu.gram, UK): Shudu ist ein britisches KI-Supermodel mit etwa 238.000 Followern. Entwickelt wurde sie ursprünglich von Fotograf Cameron-James Wilson, später arbeitete sie mit Luxusmarken wie Balmain, Lexus und Ellesse zusammen. Besonders spannend: Balmain nutzte Shudu als eines von drei exklusiven „Balmain Army“-Models in digitalen Runway-Kampagnen.


  • Zlu (@iam_zlu, Frankreich): Als männlicher KI-Influencer richtet sich Zlu stark an Luxusmarken und die Automobilbranche. Mit einer schnell wachsenden Community positioniert er sich in einem Segment, das bislang von weiblich konnotierten, lifestyleorientierten Figuren dominiert wurde. Marken nutzen ihn, um neue Zielgruppen anzusprechen und Diversität ins Feld der virtuellen Creator zu bringen.


Deutschland: Hier steckt die Entwicklung noch in den Kinderschuhen. Ein Vorzeigeprojekt ist Emma (@EmmaTravelsGermany), die erste digitale Reise-Influencerin der Deutschen Zentrale für Tourismus (DZT). Sie soll Deutschland international als Reiseziel promoten und bietet in über 20 Sprachen personalisierte Reiserouten oder Empfehlungen im Chat. Obwohl sie aktuell nur wenige tausend Follower hat, zeigt die Kampagne, wie auch institutionelle Player KI-Influencer strategisch einsetzen können.


KI-Avatare und klassische Influencer im Vergleich


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Es gibt also bereits zahlreiche Beispiele der KI-Avatare im Social-Media-Bereich und erfolgreiche Kampagnen die zeigen, dass sich die künstlichen Berühmtheiten auch im Influencer-Marketing behaupten können. Aber ein genauerer Blick auf ihre Stärken und Schwächen im Vergleich zu traditionellen Influencern lohnt sich: Dabei geht es nicht nur um die Ästhetik oder die Kosten, sondern um grundlegende Parameter wie Engagement, Markenführung und Authentizität.


  • Reichweite & Engagement: Menschen folgen Influencern, weil sie sich mit deren Persönlichkeit, Geschichten oder Werten identifizieren – dieser soziale Aspekt ist schwer imitierbar. Engagement-Raten bei menschlichen Influencern liegen oft zwischen 1 und 5%, abhängig von Plattform und Community-Größe. KI-Influencer können zwar global in mehreren Sprachen posten und 24/7 erreichbar sein, doch ihre Follower-Bindung und ihr Storytelling müssen künstlich inszeniert werden, was bisher nur teilweise überzeugte. Interessanterweise zeigen aktuelle Studien, dass KI-Influencer durchschnittlich höhere Engagement-Raten erzielen (2,84% vs. 1,72% bei menschlichen Influencern), aber menschliche Influencer weiterhin 46-mal mehr verdienen können.


  • Flexibilität & Zuverlässigkeit: KI-Influencer bieten theoretisch mehr Planbarkeit als menschliche Influencer, da sie nicht krankheitsbedingt ausfallen oder spontane Meinungsänderungen haben. Allerdings sind sie keineswegs risikofrei: Technische Fehler, algorithmische Verzerrungen, Transparenzprobleme und der Missbrauch für Manipulation können durchaus zu Skandalen führen. Zudem bleiben ethische Fragen zur Authentizität und kulturellen Repräsentation bestehen.


  • Innovationspotenzial: KI-Influencer sind auch aus Performance-Sicht spannend: Mit datengetriebenem Finetuning lassen sich Inhalte automatisiert A/B-testen. Multilinguale Postings oder minutenschnelle Adaptionen für saisonale Aktionen können Unternehmen einen Effizienzvorsprung bringen.


  • Authentizität & Glaubwürdigkeit: Hier bleibt der Mensch auf absehbare Zeit unersetzlich. Konsumenten vertrauen realen Erfahrungen stärker – gerade in sensiblen Bereichen wie Gesundheit, Ernährung oder Finanzberatung. KI-Influencer können Nähe simulieren, aber letztlich fehlt ihnen immer die echte Lebenserfahrung, die Seele.


Kostenvergleich: klassische Influencer vs. KI-Influencer



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Laut Studien investieren 39% der Unternehmen zwischen 10.000 und 100.000 € jährlich in Influencer-Marketing.


Lediglich 6% investieren mehr als 100.000 €. KI-Influencer hingegen benötigen zunächst eine Investition in die Erstellung (10.000 bis 30.000 € für professionelle Projekte).


Danach reduzieren sich die Kosten aber deutlich. 



Kosten klassischer Influencer:


  • Makro-Influencer und Stars: Je nach Reichweite liegen Honorare zwischen 5.000 € und mehreren Hunderttausend Euro pro Kampagne. Echte Superstars können sogar die Millionengrenze weit überschreiten.


  • Mikro-Influencer: Sie gelten häufig als kosteneffizient, kosten in der Regel zwischen einigen Hundert und wenigen Tausend Euro pro Kooperation und erreichen dabei hochspezialisierte Zielgruppen.


Kostenstruktur von KI-Influencern:


  • Einmalige Erstellungskosten: Professionell aufgebaute KI-Influencer liegen zwischen 10.000 und 30.000 € zu Beginn.


  • Kontinuierliche Kosten: Im Gegensatz zu menschlichen Influencern fallen danach Content-Produktions- und Managementkosten von meist einigen Tausend Euro monatlich an. Die Stückkosten pro Content-Einheit sinken deutlich, je mehr Inhalte generiert werden.


KI-Influencer können praktisch unbegrenzt Content ausspielen – ein wesentlicher Kostenvorteil. Aber: Mit wachsender Popularität steigen auch die Lizenzkosten, Vermarktungsgebühren und Managementaufwände. Beispiele wie die KI-Influencerin Aitana Lopez zeigen, dass erfolgreiche virtuelle Persönlichkeiten irgendwann in ähnliche Preisregionen vordringen können wie menschliche Influencer.


Ob sich der Einsatz der KI-Avatare daher wirklich lohnt, hängt zum einen von den Ressourcen und Inhouse-Kompetenzen für die Erstellung und das Management eines eigenen KI-Influencers im Vergleich zur Buchung eines Vorhandenen ab. Zum anderen spielen die Marketingziele des Unternehmens und auch die weitere Entwicklung der KI-Avatare eine Rolle. 


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Marketing mit virtuellen Influencern – rechtlich und ethisch vertretbar?


Wo künstliche Figuren auftreten, stellt sich unweigerlich die Frage zur Verantwortung der Marken. Skandale aus den letzten Jahren zeigen welche Gefahren durch KI-Influencer oder durch ihren Missbrauch entstehen können: Meta musste beispielsweise mehrere eigene KI-Accounts löschen, nachdem diese falsche Identitäten angenommen und irreführende Informationen verbreitet hatten. Besonders problematisch war der Fall von "Liv", die sich als "proud black momma" ausgab, aber von weißen Entwicklern ohne Black Community-Input erstellt wurde.


Außerdem kommt es schnell zu diffamierenden Deepfakes: Im Fall der deutschen Streamerin Shurjoka wurden so mit Hilfe von KI-Technologie pornografische Deepfakes erstellt. In der EU wird deshalb bereits darüber diskutiert, Kennzeichnungspflichten zu verschärfen. Besonders Unternehmen, die KI verwenden, müssen aus rechtlichen und ethischen Gründen transparent machen, dass es sich um digitale Charaktere handelt, um Irreführung zu vermeiden. 


Auch ethische Themen spielen eine große Rolle: Wie ist es einzuordnen, wenn Millionen Follower an eine Persönlichkeit gebunden sind, die gar nicht real existiert? Und was passiert, wenn KI-Influencer aktiv Meinungen äußern oder politisch instrumentalisiert werden? Deutsche Recherchen zeigen rechte KI-Influencerinnen, die gezielt Meinungsmanipulation betreiben. Profile wie "Larissa", "Sophia" und "Aylin" verbreiten AfD-nahe Inhalte, oft ohne KI-Kennzeichnung. Hier liegt viel Potenzial für Missbrauch – genauso wie für innovative, faire Markenstrategien. Denn durch die geringeren Kosten und Aufwände mit KI wird Influencer-Marketing zu einem Tool, das alle nutzen können. 


Eine Zukunft mit KI-Influencern muss transparent und ausgeglichen sein


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Während menschliche Influencer aufgrund ihrer Glaubwürdigkeit, persönlichen Geschichten und echter Community-Bindung unersetzlich sind, punkten KI-Influencer mit Effizienz, Planbarkeit und kontrollierter Markenpräsenz. Für Unternehmen ergibt sich daraus kein Entweder-oder, sondern vielmehr ein Sowohl-als-auch: Creators bleiben zentrale Stimmen für Nähe und Identität, während KI-Influencer eine kosteneffiziente und verlässliche, zusätzliche Reichweite sichern können.


Das bedeutet allerdings auch: Marken sollten den Einsatz von KI-Persönlichkeiten klar strategisch einordnen und transparent kommunizieren. Nur wenn Authentizität, Mehrwert und Glaubwürdigkeit im Zusammenspiel erhalten bleiben, lässt sich das volle Potenzial von KI-Influencern sinnvoll ausschöpfen – ohne die Risiken in Bezug auf Ethik, Vertrauen und Konsumentenwahrnehmung aus dem Blick zu verlieren.

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